EmpowerÂment durch StorytelÂling – was ist neu daran?
Unsere bereits bestehende App «Tara & Pips : Taras GeschichÂten» bietet KinderÂgeÂschichÂten in vier SpraÂchen mit Audio. Sie handeln von HeldinÂnen und Helden, InkluÂsion und DiverÂsiÂtät, Alltags- und PhanÂtaÂsieÂgeÂschichÂten. Neu ist, dass wir diese jetzt mit der Rubrik MediÂzin ergänÂzen wollen.
Weshalb die Medizin?
Wir richÂten uns damit an Kinder und ebenso deren Umfeld, Eltern, GrossÂelÂtern und GeschwisÂter. MediÂziÂniÂsche InterÂvenÂtioÂnen, ZahnÂarztÂbeÂsuÂche oder SpitalÂaufÂentÂhalte kommen für Kinder GrenzÂüberÂschreiÂtunÂgen nahe. Es sind oftmals StressÂsiÂtuaÂtioÂnen. Häufig fördert die UnsiÂcherÂheit der Eltern dies zusätzÂlich. Ich habe die SituaÂtion selbst vor zwei Wochen erlebt.
Was war passiert?
Unser Sohn musste die RachenÂmanÂdeln operieÂren. Das ist ein RoutiÂneÂeinÂgriff. Obwohl ich mich wegen des EmpowerÂment-ProjekÂtes eingeÂhend auf genau solche SituaÂtion speziaÂliÂsiere, realiÂsierte ich, wie schwieÂrig es ist, ein bald vierÂjähÂriÂges Kind im richÂtiÂgen Masse auf diese SituaÂtion vorzuÂbeÂreiÂten. Und rund um den Tag der OperaÂtion und während der OperaÂtion, ruhig zu bleiÂben. Es lief alles bestens. Mein Wissen hat uns hier entscheiÂdend geholfen.
Und hier setzen Sie mit Ihren GeschichÂten an?
Genau. Wir wollen Kinder und Eltern mit den GeschichÂten auf mediÂziÂniÂsche SituaÂtioÂnen vorbeÂreiÂten. EigentÂlich sollte der Gang zum Spital oder zu mediÂziÂniÂschen FachÂperÂsoÂnen so normal gehandÂhabt werden wie ein Einkauf in der Migros. Doch wenn das Kind morgens früh geweckt wird, nüchÂtern zur OperaÂtion muss, es also kein FrühÂstück gibt, PflasÂter zur BetäuÂbung an Ellen und Händen angeÂbracht werden müssen, ist das anders. Die KoopeÂraÂtiÂonsÂfäÂhigÂkeit des Kindes nimmt hier den Anfang und wird nun fortÂlauÂfend auf die Probe gestellt. Als Eltern jederÂzeit ruhig und besonÂnen zu bleiÂben ist kein SpazierÂgang. Solche SituaÂtioÂnen sind ausserÂgeÂwöhnÂlich für ein Kind und dessen Bezugspersonen.
Wie waren die Reaktionen?
Bei der ÄrzteÂschaft und dem PfleÂgeÂfachÂperÂsoÂnal ist das Projekt auf grosÂses InterÂesse gestosÂsen. Denn sie erleÂben täglich Kinder und Eltern, die unvorÂbeÂreiÂtet kommen. Die NervoÂsiÂtät der Eltern überÂträgt sich auf die Kinder. Es leuchÂtet ein: Wenn Eltern mit der SituaÂtion überÂforÂdert sind, dann sind es die Kinder auch. Die KoopeÂraÂtion, also die AdhäÂrenz zwischen mediÂziÂniÂschem FachÂperÂsoÂnal und Kind ist aber entscheiÂdend für das posiÂtive ErleÂben vor Ort, den Eingriff selbst und den optiÂmaÂlen Verlauf des Heilungsprozesses.
Wie schreiÂben Sie nun diese GeschichÂten, damit sie die Themen korrekt aufnehmen?
Meine GeschäftsÂpartÂneÂrin Janine Wolf-SchindÂler und ich arbeiÂten mit dem UniverÂsiÂtäts-KinderÂspiÂtal Zürich und dem Zentrum für ZahnÂmeÂdiÂzin des UniverÂsiÂtätsÂspiÂtals Zürich zusamÂmen. Sie sind PartÂner des Projekts. Sie geben uns ihr FachÂwisÂsen und wertÂvolle Inputs. Wir eruieÂren gemeinÂsam, wo die grössÂten HerausÂforÂdeÂrunÂgen bei der ZusamÂmenÂarÂbeit von PatiÂent und Ärztin liegen. Bei Kindern sind dies etwa InjekÂtioÂnen, BlutÂabÂnahÂmen oder das StillÂhalÂten beim RöntÂgen. Solches Wissen, die korrekÂten Abläufe etc. transÂforÂmieÂren wir zu Geschichten.
Und das Ziel ist, dass die Kinder beim SpitalÂeinÂtritt wissen, was sie erwartet?
Im GrundÂsatz ja. Wir entwiÂckeln fünf GeschichÂten für das KinderÂspiÂtal und fünf für die ZahnÂmeÂdiÂzin. Aber wir stärÂken damit auch geneÂrell das mediÂziÂniÂsche Wissen und schafÂfen einen posiÂtiÂven Zugang zur MediÂzin. Sie idenÂtiÂfiÂzieÂren sich mit der Heldin oder dem Helden und erfahÂren, wie sie ihrer KrankÂheit begegÂnen, daran wachÂsen und viel dazu lernen können. Es ist wissenÂschaftÂliÂches Storytelling.
Wieso ist das wichtig?
Die Kinder realiÂsieÂren, dass sie Teil der Vorgänge sind. Sie können bereits im Vorfeld einschätÂzen, was mit ihnen passieÂren wird. MediÂziÂniÂsche InterÂvenÂtioÂnen hinterÂlasÂsen kein Trauma, sondern werden im GegenÂteil als EmpowerÂment erlebt.
Welche HerausÂforÂdeÂrunÂgen haben sich bisher gezeigt?
Das VerfasÂsen der GeschichÂten ist eine spanÂnende HerausÂforÂdeÂrung: WissenÂschaft herunÂterÂbreÂchen, dass Kinder Zugang dazu finden, inhaltÂlich nicht überÂforÂdern und trotzÂdem ganzÂheitÂlich bleiÂben. Ein wichÂtiÂger Ansatz unseÂres ProjekÂtes ist auch die VielÂspraÂchigÂkeit. Das KinderÂspiÂtal führt eine StatisÂtik, wie oft sie einen DolmetÂscher oder eine DolmetÂscheÂrin beizieÂhen müssen. Wir wollen SprachÂbarÂrieÂren überÂwinÂden und auch bildungsÂferne SchichÂten ansprechen.
Was ist der Stand des Projekts?
Wir stehen am Anfang. Wir kennen die ExperÂtinÂnen und ExperÂten in den mediÂziÂniÂschen EinrichÂtunÂgen und konnÂten schon InterÂviews mit diesen führen. Zwei GeschichÂten haben wir inhaltÂlich bereits produÂziert. Bilder für den WissensÂtransÂfer, ÜberÂsetÂzunÂgen, VertoÂnunÂgen stehen an, wenn je alle fünf realiÂsiert sind.
Wie finanÂziert sich das Projekt?
Wir sind seit einem Jahr an der Akquise von finanÂziÂelÂlen Mitteln, unter andeÂrem von StifÂtunÂgen. Wir konnÂten bisher 74’000 FranÂken von StifÂtunÂgen und privaÂten SpenÂdeÂrinÂnen und SpenÂdern geneÂrieÂren. Wir zielen aber auf eine MischÂfiÂnanÂzieÂrung. Wir suchen auch nach privaÂten InvesÂtiÂtiÂonsÂgelÂder. Wir sind momenÂtan in GespräÂchen mit mögliÂchen InvesÂtoÂren bezieÂhungsÂweise HauptÂsponÂsoÂren. Gerade für KranÂkenÂkasÂsen kann das Projekt spanÂnend sein.
Wie ist die Idee überÂhaupt entstanden?
GlückÂliÂcherÂweise nicht durch persönÂliÂche BetrofÂfenÂheit. VielÂmehr hatten wir die Idee bei einem BrainÂstorÂming, als wir uns gefragt hatten, wie wir das AngeÂbot spanÂnend erweiÂtern und ergänÂzen können. So kamen wir auf die Idee, und mit den beiden InstiÂtuÂtioÂnen haben wir auch gleich unsere WunschÂpartÂner gefunden.