Im Jahr 2019 lancierten verschiedene Umweltorganisationen und der Schweizer Heimatschutz die sogenannte Biodiversitätsinitiative. Am vergangenen Wochenende stimmte der Souverän über das Anliegen ab. Mit 63 Prozent Nein-Stimmen ist die Initiative deutlich gescheitert. Nur zwei Stadtkantone nahmen die Vorlage an. Basel und Genf.
Zu wenig Geld für die staatlichen Massnahmen
Im Juni hat das BAFU den interessierten Kreisen einen Plan mit 16 Massnahmen und einem Budget von rund zehn Millionen Franken vorgeleget. Der Plan wurde von den Umweltverbänden als Rückschritt gegenüber dem bereits ungenügenden ersten Aktionsplan kritisiert, und der Schweizer Städteverband SSV hielt in seiner Stellungnahme fest: «Die vorgesehenen finanziellen Mittel in der Höhe von zehn Millionen Franken über sechs Jahre für die Massnahmen unter der Federführung des BAFU stehen in keinem Verhältnis zu den anstehenden Herausforderungen des Biodiversitätsverlustes in der Schweiz. Hier ist zu unterstreichen, dass die jährlichen Kosten des «Nicht-Handelns» stetig zunehmen: Gemäss Schätzungen werden sie sich im Jahr 2050 auf 2 bis 2,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts belaufen.»
Dritter Sektor gefragt
Dort, wo der Staat keine Mittel zur Verfügung stellt, springen oft Stiftungen oder private Donator:innen ein. Stiftungen sind zeitlich flexibler und sie haben die Möglichkeit, Innovationen anzustossen und thematische Schwerpunkte zu setzen. Philea schreibt in einem Bericht vom 18. Oktober 2023, dass in einer von ihnen durchgeführten Umfrage für die Themen Klimakrise und Biodiversität am meisten Mittel für dringliche Investitionen fehlen. Es handelt sich hier also um eine klassische Förderlücke. Die Befragten bemängelten zudem das fehlende Bewusstsein für effektive und gemeinsame Lösungen. Genau das nehmen nun SwissFoundations, Somaha Foundation und StiftungSchweiz auf und sie stellen gemeinsam einen «Touch point» zur Verfügung (vgl. unten).
Letztendlich sollen zusätzliche Mittel für die Biodiversitätsförderung mobilisiert werden.
Eva Maria Jaag, Somaha Foundation
Weshalb ist das wichtig?
Am Beispiel des BioDivMeters hat sich gezeigt, wie sich neun Förderstiftungen für die Thematik über zwei Jahre (2022–2023) eingesetzt haben. «Der BioDivMeter gibt Auskunft über die Mittelverwendung der biodiversitätsfördernden Stiftungen mit Wirkungsort Schweiz», sagt Eva Maria Jaag von der Somaha Foundation. «Er verfolgt damit das Ziel, die vielseitige Fördertätigkeit von Stiftungen zugunsten der Biodiversität sichtbarer zu machen.» Der BioDiv Meter vernetzt biodiversitätsfördernde Stiftungen. Projektverantwortliche erhalten so zusätzliche Informationen über mögliche Förderpartner. Auch die Öffentlichkeit erhält einen Einblick in die Biodiversitätsförderung. «Letztendlich sollen zusätzliche Mittel für die Biodiversitätsförderung mobilisiert werden», sagt Jaag. Ein Anliegen, das SwissFoundations teilt. «Wir als Verband der Schweizer Förderstiftungen möchten die Sichtbarkeit solcher Förderaktivitäten erhöhen und zeigen, welchen Beitrag Förderstiftungen leisten», sagt Katja Schönenberger, Geschäftsführerin SwissFoundations.
Wir als Verband der Schweizer Förderstiftungen möchten die Sichtbarkeit solcher Förderaktivitäten erhöhen und zeigen, welchen Beitrag Förderstiftungen leisten.
Katja Schönenberger, SwissFoundations
Wirkungsfeld erhöhen
Jedoch geht es dem Verband nicht nur um Visibilität. Das Wirkungsfeld der Stiftungen soll erhöht werden. Dabei setzt Katja Schönenberger auf die Möglichkeiten der Plattform StiftungSchweiz. «Als Online-Plattform kann StiftungSchweiz dabei helfen, Fördernde und Projektpartner digital zu vernetzen. Wer arbeitet an welchem Biodiversitätsprojekt? Welche Stiftung nimmt Gesuche zu Biodiversitätsprojekten entgegen? Solche Informationen können online gebündelt zur Verfügung gestellt werden», sagt sie. Für die Beteiligten bedeutet dies Effizienzgewinne; die Akteur:innen sparen so Recherchezeit. Dank der Plattform wird auch ungenutztes Förderpotential sichtbar. Das unterstreicht auch Stefan Schöbi, Geschäftsführer von StiftungSchweiz. Die Plattform könne Aufmerksamkeit schaffen für Themen, die noch nicht genügend Beachtung finden – sowohl seitens Fördernder:innen, Projektpartner, oder Funders und Nonprofits. Stefan Schöbi sagt: «Wir sind eine Matching-Plattform, die beide Seiten der Philanthropie gleichermassen unterstützt.»
Besonders produktiv wird es, wenn der Blick der Nonprofit und Funder gemeinsam nach vorne gewagt wird.
Stefan Schöbi, StiftungSchweiz
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Matching ist auch das entscheidende Stichwort, um die Projekte voranzutreiben. Naturgemäss seien es zwar die Nonprofits, die den ersten Schritt machen würden. «Aber auch ein moderner Funder sucht aktiv und kontinuierlich nach Förderlücken», sagt Schöbi. «Besonders produktiv wird es, wenn der Blick der Nonprofit und Funder gemeinsam nach vorne gewagt wird.» Um dieses Matching einfach zu ermöglichen bietet StiftungSchweiz mit ihrem Netzwerk-Modul eine niederschwellige Möglichkeit zum Kontakt und Austausch. «Das ermöglicht Zusammenarbeit auf Augenhöhe», sagt er.
Umweltthemen bewegen
In jedem Fall bewegt das Thema Umwelt die Stiftungswelt. Katja Schönenberger sagt: «Nebst dem aktiven Arbeitskreis Umwelt & Nachhaltigkeit, fanden sich auch Umwelt- und Klimathemen im Programm des diesjährigen Schweizer Stiftungssymposiums wieder.» Und am diesjährigen Zürcher Stiftungsgespräch, das SwissFoundations gemeinsam mit dem Kanton am 1. Oktober veranstalten wird, heisst das Thema: «Von Artenvielfalt bis Zero Waste –Das Zusammenwirken von Kanton und gemeinnützigen Stiftungen für mehr Nachhaltigkeit». Zudem wurde im diesjährigen SwissFoundations Benchmark Report das Thema Nachhaltigkeit auf Anlageseite erfragt und analysiert. Schönenberger sagt: «Auch dort zeigt sich ein positiver Trend unter unseren Mitgliedern: Mehr Stiftungen als im letzten Jahr (89 Prozent vs. 85 Prozent im Vorjahr) geben an, Nachhaltigkeitskriterien in irgendeiner Form und für mindestens einen Teil ihres Vermögens zu berücksichtigen.
Nonprofits sensibilisieren bereit sehr praktisch
Wissenschaftlich ist der dramatische Biodiversitätsverlust längst belegt. Bereits die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten in der Schweiz seien bedroht, schreiben BirdLife und Pusch im gemeinsamen Projekt Biodiversität. Jetzt! Die beiden Nonprofits wollen mit ihrer Initiative, im Zeitraum von 2024 bis 2028, die Biodiversität im Siedlungsraum stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit rücken. Durch eine Kombination aus Öffentlichkeitsarbeit, digitalen Beratungsangeboten und einer Mitmach-Plattform sollen Kompetenzen gefördert und Menschen zur aktiven Förderung der Biodiversität motiviert werden.
Initiative zur Biodiversität
SwissFoundations lanciert in Zusammenarbeit mit der Somaha Stiftung einen gemeinsamen Aufruf. Der Aufruf reagiert auf das Abstimmungsresultat in der Schweiz und animiert dazu, dem wichtigen Thema zentrale Impulse zu geben. Zu diesem Zweck stellt StiftungSchweiz die digitalen Kollaborationsinstrumente zur Verfügung, um die Akteur:innen – seien es Nonprofits oder Funders – rasch miteinander in Dialog zu bringen und mehr Übersicht über konkrete umsetzungsreife Initiativen zu schaffen.
Das offene digitale Netzwerk bietet allen Akteur:innen Unterstützung für die Koordination und den Austausch. Nonprofits, welche sich im Thema engagieren, und Funders, welche im Schwerpunkt Biodiversität aktuell Fördergelder ausrichten oder dies für die Zukunft prüfen, sind herzlich eingeladen, dem Netzwerk beizutreten (bitte vorgängig ein kostenloses Login auf stiftungschweiz.ch anlegen).
Organisationsliste: das Netzwerk wird ergänzt um eine Liste mit Organisationen, die umsetzungsreife Biodiversitäts-Projekte parat haben, die den (allgemein sinnvollen) Kriterien der Somaha Stiftung entsprechen. Alle Mitglieder des Netzwerks erhalten auch Bearbeitungs ‑und Kommentar-Zugang zur Liste. Weitere Nutzer:innen der Plattform stiftungschweiz.ch werden die erarbeitete Liste später zur Ansicht öffnen können.