Das Stiftungsbarometer macht seit 2019 Stimmungen und Trends im dritten Sektor sichtbar. In dieser Zeit kam Überraschendes zum Vorschein, manche Trends haben sich bestätigt. Aus der neuesten Befragung präsentieren wir heute drei Spezialauswertungen, die spezifische thematische Schlaglichter werfen – darunter auf ein neueres Phänomen in der Philanthropie, die künstliche Intelligenz.
Nonprofits sind neugierig, Funders skeptisch
Um es vorwegzunehmen: Die neue Technologie wird erst von einer Minderheit der Befragten eingesetzt, sie stösst bei den Nonprofits aber auf grösseres Interesse als bei den Funders, die generell skeptischer und vorsichtiger sind. Besonders häufig wird künstliche Intelligenz demnach bei der Content-Erstellung, zum Beispiel für Gesuche eingesetzt (18% bei den Nonprofits). Insgesamt nutzt bereits knapp jedes vierte Nonprofit und jeder vierzehnte Funder die neuen Möglichkeiten.
Die Spezialauswertung des Schweizer Stiftungsbarometers ist auch ins eben öffentlich zugänglich erschienene Routledge Handbook on AI & Philanthropy eingeflossen. Das Handbuch und eine wissenschaftliche Tagung im März in Genf wurden von der Fondation Botnar ermöglicht. Siddhartha Jha, AI und Digital Innovation Lead bei Botnar, ist überzeugt:
Schrittweise lernen wir, was KI für die Philanthropie leisten kann und was die Philanthropie für die KI tun kann.»
Während die Tagung an der Universität Genf schon ein halbes Jahr zurückliegt, ist der zugehörige Tagesband erst gerade erschienen. Die digitale Fassung der Publikation ist dabei frei zugänglich. In insgesamt 32 Kapiteln deckt er zahlreiche Aspekte im Spannungsfeld künstlicher Intelligenz und Philanthropie ab.
Auch der Herausgeber des Bandes, Giuseppe Ugazio vom Genfer Centre en Philanthropie (GCP), ist überzeugt:
«Der Trend zur Digitalisierung ist seit längerem feststellbar – mit künstlicher Intelligenz erfasst eine neue Welle die verschiedenen Industrien. Auch die Philanthropie sollte sich mit den Möglichkeiten der neuen Technik auseinandersetzen.»
Letztlich gehe es darum, den technologischen Fortschritt auch gerade für die Lösung der grossen Herausforderung der Menschheit nutzbar zu machen.
Erhoffte Effizienzsteigerung, Sorgen um Datenschutz
Im Vordergrund stehen für die Befragten aktuell aber vor allem Effizienzsteigerungen im Gesuchsprozess. Jedes dritte Nonprofit wünscht sich, von KI künftig beim Erstellen von Gesuchen unterstützt zu werden. Umgekehrt erwartet nur jeder achte Funder, bei der Beurteilung von Förderanträgen künftig von KI begleitet zu werden. Mit anderen Worten: Die Nonprofits sind eher bereit, neue Technologien zu adaptieren, um ihre Effizienz und Effektivität in der Mittelakquisition zu steigern.
Die Herausforderungen und das Risikobewusstsein, die mit der Nutzung von KI verbunden sind, unterscheiden sich ebenfalls signifikant zwischen den beiden Gruppen. Förderorganisationen identifizieren insbesondere einen Mangel an Verständnis und internen Schulungsbedarf als Hauptbarriere. Im Gegensatz dazu sind Nonprofits mehr um den Datenschutz und die Sicherheit bei der Nutzung von KI besorgt, was ihre bereits fortschreitende Erkundung und Anwendung von KI wiederspiegelt.
Aus Umfrage wird Panel – jetzt mitmachen!
Die Spezialauswertungen des Stiftungsbarometers sind gleichzeitig der Auftakt in ein neues Kapitel des Instruments. Aus der Umfrage wird ein Panel, zu dem alle Nonprofits und Funders herzlich einladen wird. Voraussetzung ist ein (kostenloses) Profil auf stiftungschweiz.ch und eine vollständig ausgefüllte Statistiksektion.
Diese Sektion im Organisationsprofil enthält Daten zum Stiftungs- oder Vereinsvermögen, den investierten Förder- oder Projektmitteln und den aktuellen thematischen Schwerpunkten. Das erlaubt künftig eine feingliedrigere Auswertung. Durch das Panel reduziert sich der Aufwand für die teilnehmenden Organisationen zudem deutlich, da die Vorjahresdaten kopiert und angepasst werden können. Die erste Durchführung wird begleitet von einer wissenschaftlichen Gruppe mit Vertreter:innen der Universitäten Basel, Bern und Genf.
Benchmark
Eine Teilnahme soll sich lohnen: Neben der statistischen Auswertung zum Sektor ist ein individueller Benchmark Report geplant, der einer teilnehmenden Organisationen zeigt, wo sie in der Schweizer Philanthropie stehen, wer ihre Alliierten sind oder sein könnten und wo Handlungsspielräume und Förderlücken liegen. Das Projekt wird gestartet, sobald 300 Organisationen beim Panel mitmachen
– auf die Plätze, fertig, los!