Die globalen Verwerfungen haben ein Ausmass erreicht, das noch vor Kurzem kaum jemand erwartet hat. Der Ausgang der Präsidentschaftswahlen in den USA hat der Schweiz vor Augen geführt, wie stark ihre Wirtschaft, ihre Gesellschaft und ihr kulturelles Selbstverständnis verwoben sind. Dazu gehören selbstverständlich auch digitale Infrastrukturen – und Fragen technologischer Souveränität und Resilienz. Dabei geht es nicht nur um die laute Diskussion über Zölle. Die daraus folgende allgemeine Verunsicherung ist fundamentaler. Sie zeigt die Abhängigkeiten für das Funktionieren unserer Gesellschaft und unserer Demokratie auf.
Wer bestimmt
Besonders augenfällig wurde dies, als Schweizer Unternehmen und Bildungseinrichtungen ihre Haltung bezüglich Diversity über Nacht angepasst haben. Dabei hat gerade die Schweiz als direkte Demokratie allen Grund, ihre eigene Rolle und Eigenständigkeit zu pflegen und zu stärken. Das ist leichter gesagt, als getan. Aber ist es wirklich unausweichlich, dass das Rückgrat jedes IT-Systems heute von Microsoft betrieben wird? Die Frage muss erlaubt sein. Aus reiner Bequemlichkeit sollten wir uns nicht in Abhängigkeiten begeben. Umgekehrt ist es fragwürdig, welche Unabhängigkeit bezüglich digitaler Infrastruktur überhaupt erreichbar und sinnvoll ist. Die Illusion, eine Unabhängigkeit erreichen zu können, kann genauso fatal sein wie die Unbekümmertheit, in der digitalen Monokultur Sicherheit zu finden.
Unabhängigkeit der Stiftung
Gerade die Struktur der Stiftung könnte eine Möglichkeit sein, um Alternativen aufzuzeigen. Dazu braucht es Mut, neue Wege zu wagen. Es bedarf der Einsicht, welche Bedeutung unabhängige digitale Lösungen und Kanäle für eine resiliente Demokratie haben. Medien sind die sogenannte vierte Gewalt im demokratischen Staat. Doch auch sie benötigen zunehmend digitale Transportwege und stehen in Konkurrenz zu sozialen Informationsmedien. Die Basis aller vier Gewalten ist zunehmend die digitale Infrastruktur. Und es bedarf der Einsicht über eigene Limiten. Keine Stiftung in der Schweiz wird eine Alternative zu Microsoft schaffen. Doch schon nur die Stärkung der digitalen Kompetenzen ist ein erster Schritt, um das Problem überhaupt zu benennen, wie es die Hasler Stiftung tut.
Humanitäre Tradition
Dasselbe gilt für die unter Druck stehende Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz. Die vielen nationalen und internationalen Hilfswerke sind das Gesicht der humanitären Tradition. Dass unser Parlament, und damit wir, dies durch eigenständige Entscheide nun in Frage stellen, hat Folgen für das lange währende Netzwerk, in dem sich die Schweiz bewegt. Gegenseitige Abhängigkeiten treten offen, aber auch weniger sichtbar zutage. Die Auswirkungen des Stopps der Mittel von USAID könnten um ein Vielfaches grösser und abrupter sein. Dennoch sollten sich auch die Schweiz und die anderen europäischen Länder der Folgen ihrer Kürzungen bewusst sein. 120 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Nie waren es mehr. Der Grossteil sucht Zuflucht in einem Nachbarland oder einer Region nahe der eigenen Heimat. Hilfswerke vor Ort unterstützen sie. Doch sie sind bei ihrer Arbeit auf internationale Unterstützung angewiesen. Wenn die humanitären Gelder zurückgefahren werden, fehlen die Mittel, um den Geflüchteten zu helfen. Die Hilfswerke vor Ort müssen ihre Mitarbeitenden entlassen. Damit geht Know-how verloren und Strukturen werden zerstört. Die Auswirkungen sind verheerend und leider nachhaltig.
Die Einsamkeit
In der Entwicklungszusammenarbeit und in der digitalen Welt ist die globale Vernetzung systemimmanent. Dies kann nicht ignoriert werden. Entscheidungen und ihre Folgen sollten in dieser vernetzten Welt gedacht und verstanden werden. Es sind keine isolierten Handlungen. In einem Netzwerk wirken die Folgen in verschiedene Richtungen. Stiftungen und gemeinnützige Organisationen können dazu beitragen, diese Netzwerke zu stärken. Sie können das Bewusstsein in der Gesellschaft für die Wichtigkeit dieser Netzwerke zu fördern.


