Mikrokredite sind Kleinstdarlehen, die einen Bruchteil dessen ausmachen, was Banken traditionellerweise vergeben. Sie ermöglichen es Menschen, die sonst keine Chance auf einen Zugang zu finanziellen Mitteln hätten, ihre wirtschaftlichen Ambitionen umzusetzen. Gerade in Entwicklungsländern sind Mikrokredite ein wichtiges Werkzeug, um das Unternehmertum zu fördern und die Armut zu bekämpfen. «Die Vergabe von Mikrokrediten hat sich in unseren Projekten in den letzten Jahren sehr bewährt», sagt Michael Kesselring, Co-Geschäftsführer der Stiftung Menschen für Menschen. Die Nutzniesser:innen hätten ohne Mikrokredite keine Chance, sich aus dem Elend zu befreien, erläutert er weiter, denn ohne Kapital würden sie trotz grosser Anstrengungen weiterhin in Armut verharren. Die Stiftung kennt zwei Arten von Mikrokrediten: städtische und ländliche. Auf dem Land, so Kesselring, werden die Kredite zumeist für landwirtschaftliche Hilfen vergeben – Kleinbäuer:innen profitieren gleichermassen. Im städtischen Umfeld werden die Mikrokredite vor allem zur Gründung eigener Kleinstunternehmen vergeben.
Eine Chance für Frauen
In den Städten sind die Mikrokredite meist mehr als nur Finanzhilfen. Sie ermöglichen den Weg in die wirtschaftliche Unabhängigkeit. Bei Menschen für Menschen werden die Darlehen vor allem an Frauen vergeben, häufig an alleinerziehende Mütter. Kesselring erklärt: «Die Stiftung identifiziert in einem ersten Schritt Menschen, bei denen es einen dringenden Bedarf gibt und die auch schon eine erste Idee haben, wie sie sich aus eigener Kraft aus der Armut befreien wollen.» In speziell gegründeten Selbsthilfegruppen (SHGs) oder Spargruppen (SACCOs) erhalten die Frauen praxisnahe Schulungen in einfacher Buchhaltung und Betriebswirtschaft. Auch werden die Business-Ideen weiter verfeinert. «Gleichzeitig werden die Frauen angehalten, wöchentlich während dreier Monate, einen Betrag von rund 25 Rappen zu sparen und in eine gemeinsame Kasse einzuzahlen», erklärt Michael Kesselring. So würden sie lernen, das Geld zu verwalten, und gleichzeitig stellten sie ihre Motivation unter Beweis. Wenn die Gruppen über mehrere Monate hinweg einen Grundbetrag angespart haben, bezahlt Menschen für Menschen der Selbsthilfegruppe eine Startfinanzierung von 90 Franken pro Mitglied in die Gruppenkasse. Dieser Betrag wird von der Stiftung nicht zurückgefordert.
Der Mechanismus
Bereits nach wenigen Monaten haben die Kreditnehmerinnen in der Regel genug verdient, um den Betrag zurückzuzahlen. «Die Rückzahlquote der Kredite liegt bei praktisch 100 Prozent», betont der Co-Geschäftsführer und sagt weiter, dies liege an den präzisen Vorbereitungen und der Begleitung der Business-Ideen. Die Kredite werden für den Aufbau eines kleinen Geschäftes genutzt. Sie investieren den ersten Kredit in der Regel in den Kauf von Rohstoffen, Materialien oder Tieren. «Einige betreiben Gemüsehandel, andere eröffnen einen Kiosk. Wieder andere investieren in eine Nähmaschine und werden Schneiderin oder sie kaufen eine Fritteuse und betreiben einen Imbiss.» Auf die Rückzahlung kommen in etwa fünf Prozent Zinsen – das variiert je nach Gruppe, sie legen den Prozentsatz selber fest. So wächst das Gruppenkapital stetig an und es können höhere Kredite ausbezahlt und zusätzliche Frauen aufgenommen werden. Dieser Kreislauf ermöglicht es ihnen, ihre Geschäftsideen zu realisieren und aus eigener Kraft zu erhalten.