In den letzten zehn Jahren hat sich die Anzahl von Zeitungstiteln in der Schweiz von 304 auf 245 verringert, wie die erhobenen Zahlen des Verlegerverbands Schweizer Medien aufzeigen – das entspricht einem Rückgang um 20 Prozent. «Jede Printzeitung hat ihr eigenes Ablaufdatum, doch es ist anzunehmen, dass sich die Anzahl Zeitungstitel in den nächsten zehn Jahren erheblich stärker reduzieren wird als in den letzten zehn Jahren, dass es in der Schweiz also schon bald weniger als 200 Zeitungen geben wird. Mittelfristig überleben Redaktionen nur, wenn es ihnen gelingt, mit Online-Journalismus Geld zu verdienen, oder wenn sie vom Staat oder von Stiftungen substanziell unterstützt werden», erklärt Dennis Bühler, Bundeshaus- und Medienredaktor bei der Republik. «Es wird so lange Printzeitungen geben, wie der mit ihnen zu erzielende Ertrag die Ausgaben minimal übertrifft: So lange also die Einnahmen von Inseraten und Abonnements höher sind als die Kosten für Druck, Vertrieb und eine – klein gesparte – Rumpfredaktion.»
Tiefe Zahlungsbereitschaft
Nicht nur auf die Medienvielfalt haben diese Entwicklungen eine grosse Auswirkung, sondern auch auf die Mitarbeiter:innen von Redaktionen und Medienhäusern. Die Republik nimmt mit dem Watchblog «Chronologie der Schweizer Medienkonzentration» die Entwicklungen genauer unter die Lupe. Wie die erhobenen Zahlen zeigen, fielen in der Schweiz alleine in den letzten zwei Jahren über 560 Stellen von Medienschaffenden weg. «Der massive Stellenabbau der letzten zwei Jahre zeigt, dass das Geschäftsmodell der Medien nicht mehr funktioniert: Inserate und Kleinanzeigen sind abgewandert, gleichzeitig hat die Anzahl Printleser drastisch abgenommen – und die Zahlungsbereitschaft der Schweizer Bevölkerung für Online-Journalismus verharrt seit Jahren auf sehr tiefem Niveau», ordnet Dennis Bühler die Entwicklungen ein. Überdies sind viele redaktionelle Mitarbeiter:innen als Freischaffende tätig und damit die ersten, die keine Aufträge mehr erhalten – ein zusätzlicher Rückgang, der nicht mit Zahlen erhoben werden kann.
Gefahr für offenen Diskurs
Speziell der Lokal- und Regionaljournalismus hat eine wichtige gesellschaftliche Funktion. Er verschafft relevanten Themen auf kommunaler und kantonaler Ebene Publizität und fördert den öffentlichen Diskurs, was einen essenziellen Aspekt für die Teilhabe am demokratischen Prozess darstellt. Die Krise des Journalismus gefährdet diese Funktion, in immer mehr Regionen gibt es nur noch eine oder gar überhaupt keine Zeitung mehr. Für Themen auf nationaler und internationaler Ebene fallen diese Entwicklungen weniger ins Gewicht, da fast immer alternative Informationsangebote zur Verfügung stehen. Aber für die regionalen Themen kann das Fehlen einer lokalen Berichterstattung zu einer Verkümmerung des öffentlichen Diskurses führen. Dennis Bühler sagt: «Es ist wichtig, dass sich Bürgerinnen und Bürger informieren können, bevor sie über Sachfragen abstimmen sowie Parlamente und Regierungen wählen. Einen offenen, unvoreingenommenen Diskurs gewährleisten lediglich Medien, die mit einer mit den notwendigen personellen und finanziellen Ressourcen ausgestatteten Redaktion vor Ort präsent sind.»