Markus Mader, Direktor Schweizerisches Rotes Kreuz.

25 Jahre 2 x Weih­nach­ten: Weshalb Plüsch­tiere nicht mehr gefragt sind

Die Aktion 2 x Weihnachten feiert das 25 Jahre Jubiläum. Der Direktor Schweizerisches Rotes Kreuz SRK Markus Mader sagt, wie die Idee entstanden ist, spricht über ein gespendetes Hochzeitskleid und weshalb Naturalspenden für die Aktion von Bedeutung sind.

The Philanthropist: Mit 25 Jahren ist die Aktion etabliert. Wie ist die Idee zu 2 x Weih­nach­ten ursprüng­lich entstan­den?
Markus Mader: Am Anfang stand ein Brain­stor­ming für die Radio­sen­dung Espresso. Die Redak­tion disku­tierte, wie sie mit dem Thema Weih­nach­ten und Schen­ken umge­hen könnte. Sie woll­ten kritisch aber nicht nega­tiv sein. Jemand fragte, was er machen könne, wenn seine Toch­ter zwei Mal dasselbe Plüsch­tier geschenkt bekomme. Und so entstand die Idee des Umver­tei­lens. Bei der Frage der Logis­tik kam man schnell auf die Post. Schliess­lich wurde die Aktion per Hand­schlag besie­gelt, zwischen SRG, Post und dem Schwei­ze­ri­schen Roten Kreuz.

Und wann kam Coop dazu?
Schon ein Jahr später gehörte Coop dazu.

Weshalb?
Die gespen­de­ten Güter waren zum Teil nicht ausge­wo­gen. Es wurden nicht die Dinge gespen­det, die gebraucht worden wären. Man merkte rasch, wie wich­tig Lebens­mit­tel sind.

Natu­ral­spen­den aus 70’000 Päckli. Bild: SRK Ruben Ung

Und das hat die Aktion verän­dert?
2 x Weih­nach­ten entwi­ckelt sich stetig weiter. Gerade die Logis­tik für 70’000 Päckli ist eine grosse Heraus­for­de­rung. Eine grös­sere Anpas­sung wurde 2017/18 beschlos­sen. Die Sammel­ak­tion wurde redu­ziert auf Dinge, die das Budget von armuts­be­trof­fe­nen Menschen entlas­ten. Seit vier Jahren sammeln wir daher nur noch lang halt­bare Lebens­mit­tel und Produkte für die Körperhygiene.

Und Spiel­wa­ren?
Zu Beginn wurden sehr viele Plüsch­tiere gespen­det. Doch wir wissen ja nicht, welche Fami­lien über­haupt Kinder in dem Alter haben, die sich über Plüsch­tiere freuen würden. Auch ich bin jeweils nach Weih­nach­ten mit meinen Kindern zusam­men­ge­ses­sen. Wir haben die Spiel­sa­chen ange­schaut, die ihnen geschenkt wurden. Und wir habe entschie­den, welche wir weiter­schen­ken woll­ten. Heute fokus­siert sich 2 x Weih­nach­ten auf wenige Produkte. Wir sammeln noch rund 20 Kate­go­rien des tägli­chen Bedarfs.

Auch keine Klei­der mehr?
Nein, wir sammeln auch keine Klei­der mehr. Zu Beginn erhielt 2 x Weih­nach­ten auch viele Klei­der. Sogar ein Hoch­zeits­kleid wurde gespen­det. Es kam von einer älte­ren Frau. Die Spen­de­rin legte einen hand­ge­schrie­be­nen Brief bei mit 50 Fran­ken. Sie meinte, das Kleid könnte noch­mals verwen­det werden. Heute haben wir uns konse­quent umori­en­tiert. Wir denken von den Betrof­fe­nen aus, was sie beson­ders benö­ti­gen. Das ist nach­hal­ti­ger und ökonomischer.

Die Sammel­ak­tion wurde redu­ziert auf Dinge, die das Budget von armuts­be­trof­fe­nen Menschen entlasten.

Markus Mader, Direk­tor Schwei­ze­ri­sches Rotes Kreuz

Für das Sortie­ren setzen Sie auf Frei­wil­lige. Ist es schwie­rig, diese zu finden?
Nein. Wir haben Frei­wil­lige, die bereits seit 25 Jahren dabei sind. Und jedes Jahr haben wir Anfra­gen von Inter­es­sier­ten. Zudem haben wir Tage, an denen Unter­neh­men mit ihren Mitar­bei­ten­den kommen. Für diese ist das Enga­ge­ment ein Team­bil­dungs­pro­zess. Man arbei­tet Hand in Hand. Das ist nicht zu unter­schät­zen. Auch wir vom SRK machen jedes Jahr einen Frei­wil­li­gen­abend mit den Mitar­bei­ten­den. Frei­wil­li­gen­ar­beit ist ja sowieso die Haupt­res­source des roten Kreu­zes. Wir zählen rund 14 Millio­nen Frei­wil­lige weltweit.

Wie viele Frei­wil­lige benö­ti­gen Sie für die Aktion?
Wir brau­chen rund 20 bis 30 Frei­wil­lige pro Tag. Insge­samt sind das rund 400 Perso­nen pro Jahr, die 4000 Stun­den Frei­wil­li­gen­ar­beit leisten.

Wie hat die Pande­mie die Situa­tion verän­dert?
Erstaun­li­cher­weise recht wenig. Im Vorjahr waren wir nervös, weil wir nicht wuss­ten, was möglich sein würde. Aber fast alle Frei­wil­li­gen kamen und sortier­ten unter Einhal­tung der Schutz­mass­nah­men mit. Auch die Anzahl Päckli blieb stabil. Gestie­gen ist der Bedarf. Gerade Menschen, die bereits in der Armut oder am Rand der Gesell­schaft leben sind hat die Pande­mie beson­ders getrof­fen. Sie arbei­ten auf Abruf oder im Stun­den­lohn. Und wer bereits mit 100 Prozent Lohn nur knapp über die Runden kommt, für den bedeu­tet jede Reduk­tion, dass es nicht mehr zum Leben reicht.

Sie sammeln Natu­ral­spen­den. Was ist der Vorteil?
Natür­lich sind Geld­spen­den am effi­zi­en­tes­ten. Darum sammeln wir für unsere Ausland-Hilfe im Rahmen von «2 x Weih­nach­ten» Online-Spen­den. Damit setzen wir Winter­hilfe-Projekte in Bosnien-Herze­go­wina, Kirgi­stan, Molda­wien und Arme­nien um. Dies sind entwe­der Suppen­kü­chen, wo die Menschen warme Mahl­zei­ten erhal­ten, oder Projekte, wo wir direkt mit Grund­be­darf oder Gutschei­nen Fami­lien und Einzel­per­so­nen unter­stüt­zen, damit sie etwas leich­ter durch den Winter kommen.

Aber in der Schweiz setzen Sie weiter­hin auf Natu­ral­spen­den.
Für viele Spen­de­rin­nen und Spen­der in der Schweiz ist der Akt des Spen­dens wich­tig. Es ist ein symbo­li­scher Akt. Ich kann das aus eige­ner Erfah­rung bestä­ti­gen. Als meine Kinder noch klei­ner waren, haben wir dies zele­briert. Wir sind gemein­sam einkau­fen gegan­gen. Wir haben bespro­chen, ob wir diese Scho­ko­lade oder jene für die Aktion kaufen wollten.

Ist die Aktion heute ein Selbst­läu­fer?
Im posi­ti­ven Sinn ja. Wir haben starke Part­ner. Aber auch wenn die Aktion nicht in Frage gestellt ist evalu­ie­ren wir jedes Jahr, was wir besser machen können. 

Für viele Spen­de­rin­nen und Spen­der in der Schweiz ist der Akt des Spen­dens wichtig.

Markus Mader, Direk­tor Schwei­ze­ri­sches Rotes Kreuz

Wie wich­tig ist die Aktion für das Schwei­ze­ri­sche Rote Kreuz?
Für mich ist die Aktion klar ein Leucht­turm­pro­jekt. Es entspricht unse­rem Kern. Wir setzen auf Frei­wil­lige. Und über unsere Kanto­nal­ver­bände haben wir direk­ten Kontakt mit den Betrof­fe­nen. Und es bringt uns natür­lich Öffentlichkeit.

Sie unter­stüt­zen Menschen in Osteu­ropa und Zentral­asien, aber auch in der Schweiz. Ist die Situa­tion dieser Menschen vergleich­bar?
Wir unter­stüt­zen mit der Aktion armuts­be­trof­fene Menschen am Rand der Gesell­schaft. Ihre Situa­tion ist über­all ähnlich, aber es gibt natür­lich länder­spe­zi­fi­sche Unter­schiede. In Arme­nien helfen wir vor allem älte­ren Menschen. Weil die Jünge­ren ausge­wan­dert sind haben die Älte­ren oft keine Ange­hö­ri­gen mehr in der Nähe. Wir kaufen Lebens­mit­tel und Holz lokal und stär­ken damit auch den Markt vor Ort. In Kirgi­stan unter­stüt­zen wir insbe­son­dere Fami­lien mit kran­ken Kindern. Und in Arme­nien und Molda­wien betrei­ben wir Suppen­kü­chen, wo die Ärms­ten zumin­dest eine warme Mahl­zeit erhalten.


Noch bis zum 11. Januar läuft die Aktion 2 x Weih­nach­ten. Mehr Infos.

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