Die Vernetzung zwischen Parlament und Stiftungen ist im Vergleich zum Vereinswesen wenig ausgebaut. Es sind gerade einmal 239 unbezahlte Stiftungsratsmandate von 2000 Mandaten insgesamt.
Rund 2000 Mandate in verschiedenen Organisationen in der Privatwirtschaft, in Vereinen und Stiftungen weisen die Mitglieder des National- und Ständerates in der Liste der Interessenverbindungen aus. Auf Stiftungen entfallen 333, wobei 239 davon unbezahlt sind. Damit sind Stiftungen im Parlament deutlich schlechter vernetzt als Vereine. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier halten 965 Vereinsmandate, wovon 631 unbezahlt sind. Lukas Golder, Co-Leiter des Forschungsinstituts gfs.bern, überrascht dies nicht. «Für Politiker und Politikerinnen sind Stiftungsratsmandate nur eine Ergänzung. Vereine können dagegen die Basis für eine politische Karriere bilden», sagt er. Als Hebel, der Vereine für die Parlamentarier:innen interessant macht, nennt er die Mitglieder. Diese sind eng mit den Vereinen und deren Themen verbunden. «Vereinsmitglieder können einen Wahlkampf unterstützen und bei der Finanzierung helfen», sagt er. Stiftungen sieht er vor allem kompetenzvermittelnd und in sehr spezifischen Themen teilweise wenig öffentlichkeitswirksam unterwegs.
Unterschätzte Kraft
«Vielleicht unterschätzen die Politiker:innen die Kraft, die mit einem Stiftungsratsmandat erlangt werden kann», sagt Lukas Golder. Und er erkennt auf der Stiftungsseite auch eine gewisse Zurückhaltung. Stiftungen fürchten sich vor einer umstrittenen Darstellung der eigenen Tätigkeit. Die zunehmende Polarisierung in der Politik schreckt sie ab. Hier könnte die Einbindung von Parlamentarier:innen helfen, Vorbehalte abzubauen. «Trotz Milizparlament sitzen im Parlament beinahe Profis», sagt Lukas Golder. Sie können einem die Angst vor dem politischen Engagement nehmen. Das sei notwendig. Wer politisch denkt, erreiche schnell mehr Relevanz, sagt er. «Man bringt mehr PS auf den Boden und kann eine Grundlage für etwas Neues schaffen.» Aufgrund ihrer spezifischen Kompetenzen sieht er Potenzial bei den Stiftungen und wünscht sich von ihnen mehr Start-up-Mentalität. Sie könnten ein Gegengewicht zur polarisierten Politik sein. Politische Bildung ist zentral für eine Demokratie. Und hier erkennt er eine Lücke, die Stiftungen schliessen könnten. Zwar gibt es bereits einzelne Engagements. Aber noch passiere viel zu wenig. «Politische Bildung schafft ein Gegengewicht zur Polarisierung. Sie lehrt, die Argumente des Gegenübers zu achten, aufeinander zuzugehen und einen konstruktiven Dialog zu führen», sagt Lukas Golder.
Fünffacher Wert
Am meisten unbezahlte Stiftungsmandate weisen die Mitglieder der FDP-Fraktion auf. 59 Mandate vereinen die 41 Politiker:innen auf sich. Mit 1,4 Mandaten pro Person weisen sie auch bei den Mehrfachmandaten den Spitzenwert auf. Es folgen die Mitte mit 1,3 und die SP mit 1,2 Mandaten. Grünliberale und grüne Parlamentarier:innen haben 0,9 resp. 0,8 Mandate. Am wenigsten unbezahlte Stiftungsmandate entfallen auf Vertreter:innen der SVP. Vergleicht man die beiden Räte, weisen die Mitglieder des Ständerates pro Person mehr unbezahlte Stiftungsratsmandate und Mandate insgesamt aus. «Ein Sitz im Ständerat hat den fünffachen Wert im Vergleich zu einem im Nationalrat», erläutert Lukas Golder. Der Nationalrat hat fast fünfmal so viele Mitglieder, aber beide Kammern sind gleichberechtigt. Besonders interessant für Mandate macht die Ständerät:innen, dass sie meist in mehreren Kommissionen sitzen.